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Extensive Beweidung
Wiesen und Weiden sind unsere ältesten und artenreichsten Biotope und stehen auch aufgrund des stetigen Rückgangs unter dem besonderen Fokus des Naturschutzes. Diese sind langfristig jedoch nur zu erhalten, wenn der Aufwuchs durch Raufutterfresser verwertet und in wirtschaftliche und Stoffkreisläufe eingebunden wird.
Geschichte
Die Beweidung ist dabei die älteste Nutzung. Viele heute geschützte Pflanzen- und Tierarten sind an diese Nutzung, wenn sie extensiv erfolgt, angepasst. Ein Teil des aktuell zu beobachtenden Insektensterbens ist auch auf den Rückgang der Weidetiere in den Landschaften zurückzuführen. Rinder sind, gefolgt von Pferden und Schafen die historisch aber auch aktuell die wichtigsten Weidetierarten. Dominierte bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Doppel- bis Dreifachnutzung bei den Weidetieren: Rinder: Zugtiere, Milch und Fleisch, Pferde: Zugtiere und Fleisch, Schafe: Wolle und Fleisch, werden diese Tiere heute in der Regel nur noch mit einem Nutzungsziel gehalten. Nur bei den Rindern ist die Erzeugung von Fleisch noch eine wichtige Aufgabe. Die ökologisch günstigste Nutzung ist die Beweidung.
Projekt
Vor diesem Hintergrund führte das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) von 2013 bis 2021 das Forschungs- und Entwicklungsprojekt (FuE) „Landschaftspflege durch extensive Rinderbeweidung“ durch. Ziel war es die Methoden der extensiven Beweidung in die betriebliche Praxis unter wirtschaftlichen Bedingungen zu integrieren. Um eine hohe Praxisrelevanz gewährleisten zu können, wurden zehn Modellbetriebe aus unterschiedlichen sächsischen Regionen ausgewählt und betreut (siehe Abschlussbericht).
Die sowohl ökonomisch als auch ökologisch positiven Ergebnisse sollen in der betrieblichen Praxis verstetigt und großräumig weiter umgesetzt werden.
Argumente für die Weidetierhaltung
Historisch betrachtet ist die Entwicklung der mitteleuropäischen Landschaften maßgeblich durch große Pflanzenfresser beeinflusst worden. Die extensive großräumige Weidehaltung nähert sich dem Bild unserer mitteleuropäischen Urlandschaften an. Aus naturschutzfachlicher Sicht gewinnt diese, im Besonderen die großflächige Beweidung mit geringen Besatzdichten, immer weiter an Bedeutung. Die Tierhaltung ausschließlich in Ställen, wie sie heute vor allem für Milchvieh praktiziert wird, begann erst vor 200 Jahren. Für die weitere Ausweitung der extensiven Beweidung gibt es viele Argumente:
Natur- und Artenschutz
Aufgrund des natürlichen Herdeverhaltens entwickelt sich auf dem Grünland ein Landschaftsmosaik wie bspw. offene Böden oder Gebüsche. Weidetiere fördern somit durch Fraß, Tritt und Dung Pflanzen und Tiere, welche viel Licht, Wärme und aufgelockerte Vegetationsstrukturen benötigen. Außerdem tragen sie über ihre Hufe, ihr Fell und Magen-Darm-Passage zu der Ausbreitung von Pflanzen bei, weshalb sie als „lebender Biotopverbund“ gesehen werden können. Die Beweidung löst dynamische Prozesse aus, durch welche verschiedenste Struktur- bzw. Habitatelemente in heutigen Kulturlandschaften wieder bereitgestellt werden können. Hier sind bspw. Gehölze, Säume sowie Alt- und Totholz zu nennen. Eine weitere Besonderheit der Weidenutzung ist der Dung, welcher Insekten als Lebensraum dienen kann (Jedicke und Weidt 2022: 9 f.; siehe auch „Hinweise zur Landschaftspflege“.). Eine Kuh produziert pro Jahr ca. 10 Tonnen frischen Kot. Aus diesen entstehen bei Weidehaltung etwa 100-150 kg Insekten-Biomasse und daraus wiederum ca. 10-15 kg Wirbeltier-Biomasse (Bunzel-Drüke und Luick 2024: Baumeister der Artenvielfalt in Naturschutz und Landschaftsplanung)
Klima
Die Erzeugung von Weidefleisch erfolgt überwiegend durch die Nutzung von nicht essbarer Biomasse (Grünland) und stellt daher keine Nahrungskonkurrenz zum Menschen dar. Durch die ganzjährig geschlossene Vegetationsschicht und die Umbauprozesse im Boden, verbunden mit einer vielfältigen Bodenfauna wird viel Kohlenstoff in Form von Humus in den Grünlandböden gespeichert. In extensiven Grünlandböden ist mehr Kohlenstoff gebunden als in Waldböden oder auf Ackerflächen.
Tierwohl
Hinsichtlich des Tierwohls bietet eine großräumige angepasste Weidehaltung im Vergleich zur Stallhaltung den klaren Vorteil der Bewegungsfreiheit und des Auslaufs. Das Fressen auf der Weide entspricht dem natürlichen Verhalten der Tiere. In den Sommermonaten sollten ausreichend Schattenplätze Bestandteil von Weiden sein.
Inhaltsstoffe
Weidefleisch punktet (im Vergleich zur Fütterung in Ställen) besonders durch seine Inhaltsstoffe wie sehr viel verfügbares Eisen und zahlreichen fettlöslichen Vitaminen (A,D,E,K). Aufgrund des hohen Anteils an Vitamin A und E weist es eine gute Oxydationsstabilität und hohe Farbstabilität auf. Das Fett wird weniger schnell ranzig sowie mit einer besseren Lagerfähigkeit zu rechnen ist. Grünfutter und Heu haben außerdem einen hohen Einfluss auf das Fettsäuremuster im Fleisch. Hier entsteht ein höherer Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren. Dies trifft besonders für die Omega-3-Fettsäure (da enges n-6 zu n-3 Fettsäureverhältnis) und konjugierte Linolsäure (CLA) zu. Aus gesundheitlicher Sicht stellt es somit einen positiven Effekt bzgl. der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hautkrankheiten und Rheuma dar (siehe "Landschaftspflege durch extensive Rinderbeweidung. Hinweise für die Praxis - Vermarktung").
Verkauf und Kauf von Weidefleisch
Weidefleisch regionaler Herkünfte ist in der Regel teurer und in Supermärkten meist nicht erhältlich. Die Wege zur Vermarktung des regional erzeugten Fleisches für die Betriebe und zum Erwerb für Verbraucher sind vielseitig und betriebsspezifisch.
Für Produzenten
Wichtig für den bewussten Verbraucher ist ein Bezug zum Tier bzw. der Weidelandschaft. Wenn die Vermarktung nicht in Kooperation mit regionalen Fleischereien erfolgt, benötigt jeder Betrieb eine gute Vermarktungsstrategie und Öffentlichkeitsarbeit zur Präsentation der eigenen Produkte. Diese kann abhängig vom Betrieb und dem Produkt sehr unterschiedlich sein.
Detaillierte Informationen zur Thematik Onlinevermarktung finden Sie in der Publikation „Online-Marktplatz für regionale Lebensmittel in Sachsen“ des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Insofern Sie eine Beratung bezüglich einer Direktvermarktung wünschen, empfehlen wir Ihnen die „Sächsische Agentur für Regionale Lebensmittel“ (AgiL) mit Sitz in Leipzig. Diese informiert, berät und vernetzt hinsichtlich zielgerichteter Fragestellungen.
Öffentlichkeitsarbeit
Der Verbraucher ist bereit einen höheren Preis zu zahlen, wenn ein Bezug zum Tier oder zum Produzenten besteht. Hilfreich dazu sind z.B. Schilder an den Weiden mit Bezugsmöglichkeiten für das Fleisch. Dies ist vor allem in touristisch gut frequentierten Landschaften erfolgreich. Sollten Lehrpfade entlang der Weiden verlaufen ist eine Abstimmung zur zusätzlichen Beschilderung zur naturschutzfachlichen Bedeutung der Weide mit den örtlichen Verantwortlichen zu prüfen.
Bei Vermarktung über regionale Fleischereien sollte an der Theke der Erzeuger, bzw. die Erzeugergemeinschaft kenntlich gemacht werden.
Internetportale für Direktvermarktung
Diese dienen vor allem dazu, den Erstkontakt für interessierte Verbraucher herzustellen. Neben der Nutzung der jeweiligen Portale ist die Bekanntheit und die Nutzung der Portale durch Verbraucher ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs. Hier sollte auch von Seiten des Betriebes eine Information für den Verbraucher erfolgen.
Aktuell sind diese Internet-Portale aktiv: (unvollständig- wird nach Hinweisen erweitert)
„REGIONALES.SACHSEN“ -Betreiber: Freistaat Sachsen
„www.saechsisch-gut.de“; Betreiber Absatzgemeinschaft Sächsisch-Gut eG
„Mein Bauernhof“ -Betreiber: Mein Bauernhof GbR, Düsseldorf
„Heimische Hofläden“, Betreiber: Heimische Landwirtschaft UG, Erfurt
„sachsen-schmeckt“, Betreiber: Holger Siegert, Dresden
Märkte - Online und persönlich/ Direktvermarktung und Fleischereien
Märkte sind Möglichkeiten der Bekanntmachung als auch eine eigenständige Vertriebsmöglichkeit. Hoffeste benachbarter Betriebe, regionale Feste und das Online-Portal „Marktschwärmer“ dienen der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Der Verkauf über Wochenmärkte ist eine eigenständige Vermarktung, gleichzustellen mit Hofläden.
Social Media, Erstellung einer eigenen Internetseite
Direktvermarkter und Höfe mit eigener Internetseite können mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit auf Social Media auf sich aufmerksam machen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese fortlaufend gepflegt werden müssen und regelmäßig Beiträge erstellt werden sollten. Eine Verlinkung zu Verbraucherportalen ist hilfreich.
Hofläden
Hofläden haben den größten Persönlichkeitscharakter. Erzeugern und Verbrauchern wird die Möglichkeit geboten, sich beim Einkauf kennenlernen zu dürfen. Der Hofladen als solches bzw. zusätzliche Räumlichkeiten auf dem Gelände, können zudem anderweitig genutzt und vermarktet werden. Hilfreich für Verbraucher ist ein breiteres Sortiment, z.B. Verkauf weiterer Produkte oder ein ergänzender Party-Service.
Kauf von Weidefleisch (für Genießer)
Abhängig von der persönlichen Situation findet jeder seinen Weg, gesundes, nachhaltig produziertes Fleisch zu genießen.
Warum?
Mit der bewussten Entscheidung, regionales Fleisch von der Weide zu konsumieren werden unterstützt:
• Regionale Produzenten (Ökonomische Nachhaltigkeit)
• Höherer Mineral- und Vitaminanteil im Fleisch als bei Stalltieren (Gesundheit)
• Tierwohl
• Beitrag zum Klimaschutz /geringe Transportwege, CO²-Speicherung in der Region
• Produktintegrierter Naturschutz (Ökologische Nachhaltigkeit)
• Förderung Insektenfauna
• Attraktives Landschaftsbild (Erleben)
Eigenschaften von Weidefleisch
• Weidefleisch ist dunkler (Tiere werden älter, geringerer Anteil von Fett)
• Fett ist gelblich (höherer Carotin-Gehalt) durch Gras von der Weide einschl. Kräuter
• Durch hohen Anteil von Carotin und E-Vitaminen haben Produkte aus Weidefleisch bessere Geschmackseigenschaften, auch bei längerer Lagerung
• Höherer Eisengehalt und ungesättigter Fettsäuren im Fleisch
• Weidefleisch ist aromatischer
(siehe "Viel Gras und Grasprodukte in der Ration der Rinder und deren Auswirkung auf die Fleischqualität")
Direkter Einkauf beim Produzenten (z.B.Hofläden)
Bei der regionalen Direktvermarktung können Sie als Verbraucher feststellen, wo und wie das Tier gelebt hat. Sie bezahlen direkt den Produzenten und die Arbeit der Handwerker vor Ort. Die gängigsten Wege der Direktvermarktung finden Sie über Hofläden oder die Bestellung und Kauf von Paketen. Bei den Paketen wird das gesamte Tier anteilig an alle Interessenten vermarktet, auch Fleisch und Teile mit anderen Nutzungsmöglichkeiten als Braten. Abhängig vom Angebot des Betriebes kann erworben werden:
• Fleischpakete (anteiliger Verkauf aller Fleischpartien des Tiers)
• Sortimentsverkauf (entsprechend Angebot Fleischereien)
Bei vielen Direktvermarktern erfolgt der Verkauf saisonal, also bevorzugt in den Wintermonaten.
Adressen regionaler Vermarkter und Events finden Sie u.a. unter:
„REGIONALES.SACHSEN“ -
„Mein Bauernhof“ -
„Heimische Hofläden“,
„sachsen-schmeckt“
Handwerksbetriebe, Märkte
Achten Sie beim Kauf auf die Informationen der Verkäufer zum Produzenten und die Haltung. Viele Betriebe können besonders das verkaufte Fleisch von Rindern zu den Produzenten zurückverfolgen. Anbieter finden Sie unter Innungsverband Fleischerhandwerk. In den Städten finden in regelmäßigen Abständen, mindestens einmal wöchentlich Frischemärkte statt. Auf diesen sind in der Regel regionale Betriebe vertreten.
Informationen für Betriebe
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Weiterbildung
Stammtische
Literatur
Seiten des Freistaates zur Weidetierhaltung
Projektabschlussbericht